Die Wirtschaft in den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOE) wird 2020 voraussichtlich um 3,2 Prozent wachsen, nach 3,6 Prozent in diesem Jahr. Das prognostiziert der internationale Kreditversicherer Coface in einer Studie zu den 500 größten Unternehmen in MOE. 2017 und 2018 betrug das BIP-Wachstum in der Region 4,6 bzw. 4,3 Prozent. Dies waren die höchsten Werte seit 2008. „Die Beschleunigung der Wirtschaft war vor allem auf die gestiegene Inlandsnachfrage zurückzuführen, insbesondere auf den deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit und den starken Lohnanstieg, wovon die Haushalte profitierten“, erklärt Grzegorz Sielewicz, Volkswirt bei Coface für MOE.
Neben dem privaten Konsum wurde das Wachstum durch einen Anstieg der öffentlichen und privaten Investitionen gestützt. Die günstigen makroökonomischen Rahmenbedingungen hatten auch Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen in der Region. Die Insolvenzen sanken 2018 um 4,2 Prozent. Trotz dieser positiven Entwicklung hatten auch die MOE-Unternehmen vermehrt Schwierigkeiten. „Die niedrige Arbeitslosenquote hat zu einem Arbeitskräftemangel geführt, der für die Unternehmen sowohl bei ihrer täglichen Arbeit als auch bei ihrer möglichen Expansion zum Haupthindernis wurde“, so Grzegorz Sielewicz. Zudem waren hohe Kapazitätsauslastungen, steigende Produktionskosten und direkte und indirekte Auswirkungen der externen Verlangsamung für die Unternehmen von Bedeutung.
Der private Konsum dürfte nach Einschätzung von Coface weiter der wichtigste Wachstumstreiber bleiben, wenngleich die begrenzte Beschleunigung der Investitionen in Anlagevermögen und die geringeren Exporte das BIP-Wachstum dämpfen werden. Darüber hinaus geben die wirtschaftliche Verlangsamung in der Eurozone, der Handelsstreit zwischen den USA und China und der unklare Prozess des Rückzugs der Briten aus der EU den Exporteuren Anlass zur Sorge.
„Da die Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa meist sehr offen für externe Märkte sind, wird sich die schwächere Auslandsnachfrage nicht nur in den Wachstumsraten, sondern auch schrittweise über die Insolvenzstatistik manifestieren“, erwartet Grzegorz Sielewicz. In diesem Zusammenhang werden Branchen leiden, die stark von ausländischen Märkten abhängig sind, wie die Automobilindustrie und die Zulieferer von Teilen und Komponenten, nämlich die Chemie- und Metallindustrie.