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Wenn die KI zur Feder greift…

Wenn es in der Finanzbranche um das Erstellen von Inhalten für standardisierte Reports geht, sind Zeit- und Kostendruck immer ein Thema. Automatische Textgenerierung auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet hier viele Vorteile, um den Aufwand deutlich zu reduzieren. Stephan Schütrumpf ist Prokurist der Creditreform Rating AG und dort verantwortlich für den Bereich Kreditservices. Im Interview mit dem Magazin Der CreditManager erklärt er, wie Creditreform mithilfe der Technik Natural Language Generation (NLG) innovative Lösungen für Credit Manager und Finanzabteilungen entwickelt.

DCM: Herr Schütrumpf, Creditreform ist hauptsächlich als Inkassodienstleister und Wirtschaftsauskunftei bekannt. Seit wann gehören Künstliche Intelligenz und digitale Innovationen zum Repertoire?

SS: Creditreform ist spätestens seit den 1980er Jahren digital aufgestellt und hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Wir setzen bei Auskünften, Bonitätsbewertungen und im Forderungsmanagement auf elektronische, sprich digitale Verarbeitung und Bereitstellung von Daten. Bei der Rating-Tochter sind wir sogar seit der Gründung im Jahr 2000 digital unterwegs. Ein Ziel unserer Arbeit ist es, Kreditprozesse intelligenter, schneller und kosteneffizienter zu gestalten.

DCM: Das klingt eher nach einem Start-up als nach einem Traditionsunternehmen mit 140-jähriger Geschichte.

SS: Wir gehen das Thema „Digitaler Wandel“ aktiv an. Dazu haben wir uns strategisch neu aufgestellt, beobachten die Märkte und identifizieren frühzeitig Trends. Dabei reagieren wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden, aber auch auf die Anforderungen des Gesetzgebers, zum Beispiel bei Themen wie Datenschutz oder Standardisierung. Wir sind Gestalter des Wandels, indem wir Prozesse digitalisieren und Schnittstellen für zahlreiche Anwendungen schaffen. Grundlage dafür ist die Expertise, die wir in rund 140 Jahren im Umgang mit Finanzdaten sammeln konnten. So vereinen wir Tradition und Zukunft.

DCM: Beim Stichwort „Künstliche Intelligenz“ denken viele noch an Science-Fiction oder menschenähnliche Roboter. Wie wird KI konkret eingesetzt?

SS: KI-Anwendungen sind längst im Alltag angekommen. Denken Sie an Chatbots, die zur Kundenkommunikation auf Websites eingesetzt werden. Creditreform nutzt diese Bots zur Kundenkommunikation bei seinen Töchtern Boniversum (BoniBot) und beDirect (beBot). Assistenten wie Siri und Alexa können Sprache mittels Algorithmen in digitale Befehle umwandeln. Sogenannte „Roboterjournalisten“ produzieren natürlichsprachliche Texte wie Sportmeldungen, Wetterberichte, Verkehrsnachrichten oder Börsennews mithilfe von NLG-Software, ganz ohne menschlichen Redakteur. Im E-Commerce stammen die Produktbeschreibungen größtenteils von Maschinen.

DCM: Wie schafft Creditreform mit seinen Produkten einen Mehrwert für Credit Manager?

SS: Unsere innovativen Produkte optimieren Arbeitsprozesse und reduzieren Kosten. Beim Verarbeiten von Jahresabschlüssen im Kontext der Kreditvergabe müssen Credit Manager Finanzinformationen beschaffen, strukturieren und analysieren. Wir vereinfachen dieses Verfahren. Über unser Portal „FortDocs“ können Informationen wie Jahresabschlüsse, Kontoauszüge oder Verflechtungsinformationen hochgeladen und sicher übermittelt werden. Ergänzend bieten wir einen sogenannten „Web-Content-Crawler“, der weltweit nach Jahresabschlüssen sucht. Wir können standardisierte Bilanzen automatisiert einlesen und hinsichtlich Bonität oder Kapitaldienstfähigkeit analysieren. Creditreform hat zudem selbst über 14 Millionen Unternehmens- und Bankbilanzen in seiner Datenbank, die in den Kreditvergabeprozess einfließen können.

DCM: Das ist sicherlich eine Hilfe, aber braucht es dazu KI?

SS: Für das automatisierte Einlesen standardisierter Bilanzen nutzen wir bereits Verfahren des maschinellen Lernens. Ein weiteres spannendes KI-Projekt befasst sich mit dem automatisierten Erstellen von Texten mithilfe der NLG-Technologie. Sie erlaubt es uns, regelbasierend Expertenwissen in der Maschine zu speichern. Für Kreditprozesse ist das eine bahnbrechende Weiterentwicklung.

DCM: Wir funktioniert das in der Praxis?

SS: Ein Beispiel: Nehmen wir an, eine Bank möchte einen Kredit vergeben. Eine Verwaltungsanweisung der BaFin besagt, dass der zuständige Kreditanalyst im Vorfeld der Entscheidung eine Kreditkommentierung schreiben muss, etwa zu möglichen Ausfallrisiken. Ein zeitaufwendiger Prozess von mehreren Stunden, dessen qualitatives Ergebnis maßgeblich von der Erfahrung des Analysten abhängt. Wir nutzen die KI, um die Kommentierung bedeutend zu vereinfachen, zu optimieren und können so den zeitlichen Aufwand um bis zu zwei Drittel reduzieren.

Dazu werden die Texte von einem erfahrenen Analysten geschrieben und die KI damit trainiert. Sie lernt auf diese Weise Finanzinformationen zu analysieren und daraus eine hochqualitative und richtlinienkonforme Kommentierung zu schreiben. Das funktioniert deshalb so gut, weil die Schritte beim Erstellen von Reportings und Berichten einem ähnlichen Muster folgen. Der Analyst muss lediglich kontrollieren und eventuell geringfügig nachbessern. Der Clou dabei ist, dass der Algorithmus mit jeder ausgewerteten Bilanz besser wird. Derzeit sind wir in einer „hybriden Phase“, in der Mensch und Maschine eng zusammenarbeiten: Die KI schreibt die Texte, der Experte beurteilt die Qualität und bessert nach. So wird auch die Erfahrung der Analysten in der KI gespeichert und im Regelwerk bewahrt.

DCM: Ist Creditreform damit der einzige Anbieter am Markt?

SS: Aktuell ist das Angebot noch sehr klein. Creditreform verfügt über große Datenmengen und qualifizierte Experten, die das Training der KI übernehmen. So können wir uns frühzeitig als kompetenter Anbieter von KI-Lösungen im Markt positionieren. Wir testen derzeit weitere Anwendungsfälle. Viele unserer Kunden haben Probleme damit, Bilanzen in ihrer klassischen Form zu lesen, zu verstehen und Entwicklungen zu erkennen. Als Fließtext mit Hinweisen und Bewertungen werden Posten in der Bilanz verständlicher und Maßnahmen können konkret abgeleitet werden. Auch unsere Historie trägt zum Erfolg bei: Durch die regionale Präsenz der 128 Creditreform Geschäftsstellen in Deutschland sind wir immer nah am Kunden und seinen Bedürfnissen. Die Künstliche Intelligenz erleichtert und automatisiert Prozesse, aber unsere Ansprechpartner sind weiterhin persönlich zur Stelle. Das macht uns einzigartig in diesem Bereich.

Stephan Schütrumpf
Stephan Schütrumpf
Prokurist Rating AG der Creditreform Unternehmensgruppe

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