Wie wirkt sich die digitale Entwicklung auf das Geschäft der SCHUFA aus? Vor welchen neuen Betrugsarten müssen sich Unternehmen schützen? Fragen, die Grit Bantow, Leiterin des Center of Competence B2B der SCHUFA Holding AG, im Interview mit dem Magazin Der CreditManager beantwortet.
DCM: Auf dem Bundeskongress des BvCM wurde das Thema Online-Betrug beleuchtet. Wie ist die aktuelle Entwicklung in diesem Bereich?
GB: Durch die große Anonymität im E-Commerce wird auch Betrug erleichtert. Händler und Kunden kennen sich nicht mehr persönlich und auch die Chance eines persönlichen Eindrucks entfällt. Außerdem entstehen durch den Online-Handel neue Betrugsmöglichkeiten, zum Beispiel dadurch, dass Dokumente oder Informationen vom Kunden nur noch digital zur Verfügung gestellt werden und diese vom Händler nicht mehr ohne weiteres auf Echtheit geprüft werden können.
DCM: Was sind die häufigsten Betrugsarten?
GB: Zwei typische Betrugsarten im B2B sind der sogenannte „Mantelbetrug“ und der „Stoßbetrug“. Beim Mantelbetrug nutzen Betrüger eine bereits bestehende GmbH, die sie für wenig Geld übernommen haben, z.B. weil kein Nachfolger bereitstand, um bei der Kreditprüfung eine „alteingesessene“ Firma vorzutäuschen. Dann werden hochwertige Güter bestellt oder geleast und meist ins Ausland verschoben. Bezahlt wird natürlich nicht, und bei dem Versuch, die Forderungen einzutreiben, stößt man nur noch auf die wertlose „Mantel- GmbH“, die dann insolvent ist. Die Betrüger sind dann natürlich schon längst über alle Berge. Um solchen Betrügern nicht aufzusitzen, sind u.a. aktuelle und digital verfügbare Informationen zu Inhaberwechseln unabdingbar.
Beim Stoßbetrug bestellen Betrüger zunächst kleinere Mengen hochwertiger Produkte und akzeptieren hierbei ohne Verhandlungen den angebotenen Preis. Gezahlt wird sofort. Dies wird meist mehrere Male wiederholt, so dass das Unternehmen eine positive Zahlungshistorie aufbaut. Dann folgt ein deutlich größerer Auftrag mit einer höheren Rechnungssumme und der Bitte um die Gewährung eines Zahlungsziels. Währenddessen werden die gelieferten Waren bereits gewinnbringend weiterverkauft. Gezahlt wird nun nicht mehr, und Versuche, die offene Forderung einzutreiben oder zumindest die gelieferten Waren zurück zu erhalten, bleiben erfolglos, da Betrüger und Ware unauffindbar sind.
DCM: Wo lauern besondere Gefahren für Unternehmen?
GB: Gerade im B2B-Handel ist der Kauf auf Rechnung weit verbreitet und wird von den Kunden erwartet. Diese Bezahlart ist zwar besonders kundenfreundlich, birgt aber für den Händler das größte Risiko, da er Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, die erst zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden. Bleibt die Zahlung aus, drohen Verluste. Außerdem erwarten Kunden heute auch im B2B schnelle Geschäftsabschlüsse. Dauert die Risikoprüfung zu lange, besteht die Gefahr, dass der Geschäftsvorgang abgebrochen wird. In einer Umfrage das BvCM gab z.B. rund die Hälfte aller B2B-Online- Shop-Betreiber an, dass die Risikoprüfung bei Neukunden bis zu 24 Stunden dauern kann. Um den Spagat zwischen der Vermeidung von Zahlungsausfällen auf der einen und schnellen Geschäftsabschlüssen für die Kunden auf der anderen Seite zu meistern, brauchen Unternehmen ein Risikomanagement, das schnell valide Informationen zu Geschäftspartnern liefert. Doch gerade im B2B-Geschäft sind manuelle Recherchen zu Bonität und Stammdaten von Kunden, oder auch das Einholen von Selbstauskünften, noch weit verbreitet. Dies kann allerding sehr zeitaufwändig sein und führt meist zu sehr subjektiven Ergebnissen.
DCM: Was können die Folgen sein?
GB: Unternehmen drohen Forderungsausfälle und Verluste auf der einen Seite, aber auch Kaufabbrüche und Abwanderung der Kunden zum Wettbewerb auf der anderen Seite, wenn der Prozess der Bonitäts- und Identitätsprüfung im B2B zu zeitaufwendig ist.
DCM: Was bedeutet das für die Arbeit von Credit Managern?
GB: Credit Manager müssen den Spagat zwischen effektivem Risikomanagement und schnellen, kundenfreundlichen Prozessen schaffen. Hierfür müssen objektive Informationen digital und in Echtzeit zur Verfügung stehen und ohne Medienbruch in die Prozesse integrierbar sein. Neben der „klassischen“ Bonitätsprüfung werden Lösungen zur Betrugsprävention auch im B2B immer wichtiger. In einer aktuellen Umfrage gaben rund 61 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Betrugsprävention im B2B für ihr Unternehmen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. Außerdem gilt die Devise „Know Your Customer“: Unternehmen müssen wissen, mit wem sie Geschäfte machen. Dazu gehören neben Informationen zum genauen Geschäftsgegenstand des anfragenden Unternehmens auch Informationen zu den Personen, die hinter einem Unternehmen stehen.
DCM: Was können Sie Credit Managern empfehlen?
GB: Entscheidend ist, wer hinter einem Unternehmen steht. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen hat das Finanzverhalten von Entscheidern einen entscheidenden Einfluss auf die Finanzen des Unternehmens. Auch Betrug wird immer von einer Person begangen, nicht von einem Unternehmen. Daher sind valide, objektive Informationen zur Unternehmensführung mindestens genauso wichtig für das Creditmanagement wie Informationen zum Unternehmen an sich. Neben objektiven Wirtschaftsauskünften und einem Bestandskunden- Monitoring spielt die Sensibilisierung der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Zum Beispiel sollten diese auf die AML (Anti Money Laundering)-Faktoren achten. Gibt es zum Beispiel unerwartete oder häufige Wechsel des Geschäftsgegenstands oder in der Unternehmensführung? Diese Faktoren sind nicht nur Hinweise auf mögliche Geldwäsche, sondern auch Indikatoren für Betrugsversuche.
DCM: Wie reagiert die Schufa auf diese Entwicklung?
GB: Die SCHUFA stellt ihren Vertragspartnern objektive digitale Wirtschaftsauskünfte in Echtzeit zur Verfügung. Mit diesen Informationen können Unternehmen auch im B2B sichere Geschäftsentscheidungen in Echtzeit treffen. Hiervon profitieren Unternehmen und Kunden gleichermaßen. Aktuell verfügen wir über Informationen zu 5,3 Millionen registerlich geführten Unternehmen, aber auch zu Kleingewerbetreibenden und Selbstständigen. Darüber hinaus enthält die SCHUFA-Personendatenbank bonitätsrelevante Informationen zu 67,2 Millionen Privatpersonen. Informationen aus der Unternehmensdatenbank können mit Bonitätsinformationen zur Unternehmensführung aus der Personendatenbank kombiniert werden. Dies liefert bei Firmen mit weniger als 20 Mitarbeitern wertvolle Erkenntnisse zur Bonität des Unternehmens, denn das private Finanzverhalten von Entscheidern und Inhabern kann die Finanzen des Unternehmens erheblich beeinflussen.
DCM: Wie ist die Schufa selbst digital aufgestellt?
GB: Wir verfügen bereits heute über ein umfangreiches Netzwerk zur digitalen Informationsbeschaffung, -verarbeitung und –bereitstellung. So kann die SCHUFA ihren Vertragspartnern digitale Wirtschaftsauskünfte in Echtzeit zur Verfügung stellen. Dies ist nicht nur im B2B-Onlinehandel von entscheidender Bedeutung für ein effizientes Risikomanagement, das schnelle und kundenfreundliche Geschäftsprozesse ermöglicht.
DCM: Welche Veränderungen wird die digitale Entwicklung in den kommenden Jahren für die Schufa mit sich bringen?
GB: Die Schufa ist fit für die Zukunft. Wir investieren massiv in unsere ITInfrastruktur und unsere Services. Aus dem täglichen Dialog mit unseren Kunden, anderen Unternehmen und Branchenexperten nehmen wir Anregungen auf, um unser B2B-Produktportfolio kontinuierlich weiter zu entwickeln und unsere Kunden auch im Zeitalter der Digitalisierung mit effektiven aber auch innovativen Lösungen in ihrem Risikomanagement zu unterstützen.