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Sorge vor Zahlungsausfällen

Die Herausforderungen im Welthandel bleiben auch 2022 vielfältig. Der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade hat in zwei Befragungswellen deshalb insgesamt mehr als 2.500 Unternehmen in sechs Ländern befragt, wie sie die Export-Aussichten für 2022 einschätzen. Bemerkenswert ist die stark gewachsene Sorge vor Zahlungsausfällen. 

Vor dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts nannten die meisten der befragten Unternehmen die steigenden Energiepreise (34 %) als insgesamt größtes Exportrisiko, gefolgt von hohen Transportkosten und geopolitischen Spannungen (je 29 %). An den Top-Risiken selbst hat sich seither wenig geändert – inzwischen bewerten allerdings wesentlich mehr Unternehmen diese als problematisch: 53 % sehen steigende Transportkosten als größte Herausforderungen, gefolgt von steigenden Energiepreisen (52 %) und geopolitischen Spannungen (44 %). Besonders stark gestiegen ist mit dem Konflikt zudem die Sorge vor Störungen der Lieferketten und vor Zahlungsausfällen.

2022: Welthandel als Achterbahnfahrt

„Fest steht: 2022 wird für den Welthandel eher eine Achterbahnfahrt und kein erneuter Höhenflug wie 2021“, sagt Ana Boata, Leiterin Economic Research bei Allianz Trade. 2021 gab es bereits zahlreiche Herausforderungen beim internationalen Handel – allerdings verbunden mit einem pandemiebedingten Nachhol-Boom. Entsprechend übertraf bei drei Vierteln der Exporteure in Deutschland (76 %) das Geschäft die ursprünglichen Erwartungen.

„Für 2022 waren Exporteure hierzulande zunächst weiterhin sehr optimistisch – rund 93 % von ihnen erwarteten zu Jahresbeginn ein Umsatzwachstum bei den eigenen Exporten“, sagt Milo Bogaerts, CEO Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Dieser Optimismus ist zwar weiterhin vorhanden, durch den Ukraine-Konflikt gehen allerdings nur noch 84% der deutschen Unternehmen von einem Umsatzplus aus, 16 % erwarten inzwischen jedoch sinkende Umsätze.“

Doppelschlag für Welthandel

Die bestehenden Probleme haben sich 2022 durch den Konflikt mit der Ukraine verschärft: Der Welthandel büßt deutlich an Dynamik ein. So hat Allianz Trade ihre ursprüngliche Prognose für 2022 um 2 Prozentpunkte (pp) gesenkt und geht beim Volumen von einem Wachstum von +4 % aus, das damit unter dem Langzeitdurchschnitt liegt. Beim Wert der gehandelten Waren erwartet der Kreditversicherer inflationsbedingt inzwischen ein Plus von fast 11 % (vor dem Konflikt: +7,2 %).

„Die russische Invasion in der Ukraine und der erneute Ausbruch von Covid-19 in China treffen den Welthandel doppelt hart mit geringeren Mengen und höheren Preisen“, sagt Boata. „Lieferketten sind weiterhin gefährdet, durch konfliktbedingte Umwege und Hafenschließungen gibt es lange Transportzeiten. Somit bleiben dem Welthandel Verspätungen und hohe Frachtraten länger erhalten als ursprünglich erwartet – auch aufgrund der hohen Energiepreise.“

Höhere Energie- und Transportkosten

Exporteure sind mit Blick auf 2022 grundsätzlich optimistisch bei den Umsatzerwartungen, sehen aktuell aber auch sehr starke Risiken, die ihr Geschäft beeinträchtigen könnten. „Die stark gestiegenen Transportkosten bereiten deutschen Exportunternehmen inzwischen die größten Sorgen“, sagt Milo Bogaerts. „Die meisten deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass sich weder bei Transportkosten noch -zeiten eine Entspannung abzeichnet: Mehr als die Hälfte der Firmen (53 %) geht mit Ausbruch des Ukraine-Konflikts sogar davon aus, dass sich die Situation weiter verschärft.“

Beinahe jedes zweite Unternehmen (47 %) fürchtet inzwischen zunehmende Störungen von Lieferketten und höhere Preise bei den Vorprodukten – das sind fast doppelt so viele Unternehmen wie vor Ausbruch des Konflikts (25 %).

Risiko verdoppelt

Vor der Ukraine-Krise bewerteten rund 62 % der befragten Unternehmen Zahlungsausfälle insgesamt als Herausforderung, jetzt sind dies 93 %. Vorher sahen 30 % darin ein wachsendes Risiko. Inzwischen hat sich dies nahezu verdoppelt: „Besonders stark angestiegen ist bei den deutschen Exportunternehmen auch die Sorge vor steigenden Zahlungsausfällen“, sagt Bogaerts. „Sechs von zehn Unternehmen (58 %) erwarten für das laufende Jahr, dass mehr Zahlungen ausfallen. Damit sind die Erwartungen deutscher Unternehmen diesbezüglich deutlich pessimistischer als die ihrer europäischen Pendants.“

Zum Vergleich: In Italien rechnen 43 % der Exportunternehmen mit mehr Zahlungsausfällen als im Vorjahr, in Frankreich 49 % und in Großbritannien 53 %. Bereits 2021 verzeichneten 87 % der befragten deutschen Unternehmen Beeinträchtigungen ihrer Exporte durch Zahlungsausfälle, mehr als die Hälfte davon moderat oder erheblich.

Schlechtere Zahlungsmoral

Auch die Zahlungsmoral hat sich bei den Abnehmern der befragten Unternehmen verschlechtert. Jeder zweite Exporteur in Europa und 46 % der deutschen Unternehmen berichten, dass Rechnungen 2021 immer später bezahlt wurden – obwohl Unternehmen vielerorts Bargeld horten und die große Mehrheit der befragten Firmen in digitale Prozesse investiert hat, die die Zahlungsfristen verkürzen sollten. Für 2022 erwarten inzwischen 66 % der deutschen Unternehmen eine sich weiter verschlechternde Zahlungsmoral.

Dies bestätigt die Prognose von Allianz Trade, dass sich auch das Insolvenzgeschehen in Europa sukzessive normalisieren dürfte. Dieser Prozess hatte sich schon vor Ausbruch des Konflikts abgezeichnet. Der Kreditversicherer geht in den größten europäischen Volkswirtschaften insgesamt von einem Zuwachs der Pleiten um +10 % aus (Deutschland: +4 %), wenngleich weiterhin auf moderatem und in Deutschland niedrigen Niveau.

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