Die Insolvenz des Signa-Konzerns beherrscht noch immer die Schlagzeilen. Wie ist der genaue Stand der Dinge? Im Gespräch mit dem Magazin Der CreditManager hat Mag. Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes CREDITREFORM (ÖVC), die Situation geschildert – nachzulesen in der aktuellen Ausgabe des Magazins.
DCM: Anfang vergangenen Jahres haben wir über den Stand der Dinge bei der Signa-Insolvenz berichtet. Wie haben sich die Insolvenzverfahren seitdem entwickelt?
GW: Bisher wurden aus dem SIGNA-Umfeld mehr als 150 Unternehmen in Österreich, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz insolvent. Die Verbindlichkeiten betragen zumindest an die 30 Milliarden Euro. Dutzende Insolvenzverwalter sind nun damit beschäftigt, diesen „Scherbenhaufen“ zusammen zu räumen. Dabei werden zurückliegende Rechtsgeschäfte genau unter die Lupe genommen, allenfalls angefochten und rückabgewickelt. Hinzu kommen noch zahlreiche Ansprüche gegen Vorstände, Aufsichtsräte, Berater und natürlich gegen Rene Benko selbst. Das alles ist sehr komplex und benötigt gute Vorbereitung.
DCM: Was bedeutet das für die Chancen der Gläubiger?
GW: Diese Mega-Insolvenz wird auf allen Ebenen – insolvenz-, zivil- und strafrechtlich – professionell und mit großer Energie aufgerollt und untersucht. Als bevorrechteter Gläubigerschutzverband sind wir in zahlreichen Verfahren Mitglied im Gläubigerausschuss und stark in dieser Aufarbeitung und Rechtsverfolgung involviert. Alles passiert letztlich auch mit dem Ziel, den Schaden für die Gläubiger zu verringern. Leider kann man zurzeit noch nicht abschätzen, wann die ersten Gelder fließen werden. Es ist anzunehmen, dass uns die Causa Signa noch viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte, beschäftigen wird.
DCM: In den Medien liest sich der Fall wie ein Krimi. U.a. wird von Gläubigern berichtet, die mithilfe von Privatdetektiven auf eigene Faust versuchen, versteckte Vermögenswerte aufzuspüren. Haben diese Aktivitäten Auswirkungen auf die regulären Insolvenzverfahren?
GW: Es bleibt jedem Betroffenen frei, sich selbst ein Bild zu machen und auf Eigeninitiative zu recherchieren und dem Vermögensverbleib auf die Spur zu gehen. Auswirkungen hat das für die Gesamtgläubigerschaft keine. Ich vertraue hier auch der professionellen Arbeit der Insolvenzverwalter.
DCM: Wie ist der weitere Fahrplan in den Verfahren für dieses Jahr?
GW: Es werden dutzende, wenn nicht gar hunderte Ansprüche, Haftungen und Rechtsgeschäfte geprüft und entsprechende Klagen verfasst. Das sollte Geld in die Insolvenzmassen spülen. Zudem werden wir noch weitere Insolvenzen aus dem ehemaligen „Signa-Reich“ erleben. Wenn man bedenkt, dass an die 1.000 Unternehmen dazugehören, ist ein Ende der Signa-Insolvenzkaskade nicht abzusehen. Letzten Endes wird alles abgewickelt werden und bis auf den Namen wird nichts mehr übrigbleiben. Was die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Rene Benko betrifft, bleibt abzuwarten, ob die Untersuchungshaft weiter verlängert wird und ob es zu einer Anklage kommt.
DCM: Wurden aus der Signa-Insolvenz schon konkrete Konsequenzen gezogen, um einen solchen Betrug in Zukunft zu vermeiden? Oder sind entsprechende Konsequenzen geplant?
GW: Es gibt im österreichischen Justizministerium zahlreiche Überlegungen, von einer Verschärfung der Strafen bei Nichthinterlegung von Bilanzen bis zur Einführung einer verbindlichen Konzernrechnungslegung. Zudem steht im Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung, dass man die insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände erweitern möchte. Das betrifft besonders Vermögensverschiebungen zu Privatstiftungen. Auch wird überlegt, die Klagefristen zu Geltendmachung von Ansprüchen der Insolvenzmasse auszudehnen, um den Insolvenzverwaltern mehr Zeit zur Aufrollung und Prüfung zu geben. Alle diese Maßnahmen dienen dem Ausbau des Gläubigerschutzes und sind sehr zu begrüßen.
DCM: Halten Sie es für möglich, dass nochmal ein solcher Riesenschwindel gelingen kann?
GW: Auszuschließen ist das nicht. Insolvenzen und damit leider auch die in einigen Fällen damit verbundene kriminelle Energie wird man immer erleben. Zu hoffen bleibt, dass die vorhin angedachten Vorschriften verschärft werden, um Schäden für die Gläubiger zu verringern. Zu raten ist aber generell, dass man mehr Risikobewusstsein entwickelt, sich kritischer mit Geschäftsmodellen auseinandersetzt und sich nicht blenden lässt.