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Mehr Insolvenzen als vor Corona

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland bleibt auf hohem Niveau. Die Creditreform hat für das erste Halbjahr 2024 etwa 11.000 Unternehmensinsolvenzen registriert, was einem Anstieg um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Laut einer Handelsblatt-Studie liegen die Zahlen 2024 sogar um gut 40 Prozent über dem Vorjahresniveau. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat zwar im Mai und Juni sinkende Insolvenzzahlen festgestellt, die Frühindikatoren für die kommenden Monate seien aber uneinheitlich. Zudem liegen die aktuellen Zahlen über dem Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre.

Bild Meldung 17 07 2024 BildImText

Die Zahl von rund 11.000 Insolvenzen im ersten Halbjahr 2024 markiert laut Creditreform den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. „Die Unternehmen kämpfen im ersten Halbjahr 2024 weiter gegen die Auswirkungen der Rezession in 2023, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. „Das alles zusammengenommen bricht vielen Betrieben das Genick“, so Hantzsch weiter.

Aber auch bei den Verbrauchern stiegen die Insolvenzzahlen. Mit 35.400 Verbraucherinsolvenzen wurden 6,7 Prozent mehr Fälle registriert als im Vorjahreszeitraum (33.180 Fälle). Für den aktuellen Anstieg dürfte neben Inflation und Zinswende auch weiterhin die Novelle des Verbraucherinsolvenzrechts Ende 2020 verantwortlich sein, die Privatpersonen eine schnellere Restschuldbefreiung ermöglicht und das Verfahren für Schuldner so interessanter macht.

Mehr Großunternehmen betroffen

Die Untersuchung der Creditreform Wirtschaftsforschung belegt für das 1. Halbjahr 2024 einen Anstieg der Forderungsausfälle und der betroffenen Arbeitnehmer. Verantwortlich hierfür ist die deutlich gestiegene Zahl an Insolvenzen von mittleren und großen Unternehmen. So haben sich die Fallzahlen bei Großunternehmen (mehr als 250 Mitarbeiter) gegenüber dem Vorjahreswert verdoppelt. Prominente Großinsolvenzen der letzten Monate waren GALERIA Karstadt Kaufhof und FTI-Touristik. „Wir sehen, dass nicht die reine Anzahl an Insolvenzfällen entscheidend ist. Die Auswirkungen einer Unternehmenspleite sind deutlich größer als beispielsweise zu Zeiten der Weltfinanzkrise 2009“, erläutert der Creditreform Sprecher.

Im 1. Halbjahr 2024 waren schätzungsweise 133.000 Beschäftigte von der Insolvenz betroffen (Vorjahreszeitraum: 125.000). „Der Fokus des Insolvenzrechts auf Sanierungen und den Erhalt von Unternehmen sowie Arbeitsplätzen zielt vor allem auf größere Firmen ab, was den Anstieg der Fallzahlen in diesem Segment in den letzten Jahren erklären könnte“, erläutert Hantzsch. Unternehmen würden die Insolvenz zunehmend auch als Chance in der Krise begreifen, um aus der Schieflage zu kommen. Dass dieser Weg allerdings nicht immer funktioniere, zeigten gerade prominente Beispiele wie GALERIA, die zum wiederholten Male innerhalb kürzester Zeit Insolvenz anmelden musste.

Schwache Entwicklung

„Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland dürfte 2024 aller Voraussicht nach schwach ausfallen. Zusammen mit den immer noch hohen Zinsen bleibt die Unternehmensfinanzierung eine echte Herausforderung. Selbst nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang Juni die angekündigte Zinswende vollzogen hat, dürften die Unternehmensinsolvenzen noch bis Jahresende zunehmen und im Gesamtjahr erstmals wieder das Vor-Corona-Niveau übersteigen“, warnt Hantzsch. Die aktuelle Studie von Creditreform zeigt vor allem im Segment der größeren Unternehmen ein sehr dynamisches Insolvenzgeschehen, das weit über dem normal üblichen Niveau der vergangenen Jahre liegt. In diesen Entwicklungen würden sich auch die aufgestauten Probleme der zurückliegenden Krisen spiegeln. Viele Unternehmen hätten zudem ein Schuldenproblem und könnten aufgrund der schlechten Wirtschaftslage den Zahlungsverpflichtungen aus eigener Finanzkraft derzeit kaum nachkommen. „Die Unternehmensstabilität in Deutschland ist derzeit so wacklig wie seit vielen Jahren nicht mehr“, fasst Hantzsch die Ergebnisse zusammen.

Über dem Durchschnitt

Laut IHW-Insolvenztrend liegt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Juni bei 1.169. Wie vom IWH prognostiziert, sinkt damit die Zahl leicht (um 8%) gegenüber dem Vormonat Mai. Der aktuelle Wert liegt allerdings 11% höher als im Juni vorigen Jahres und 24% über dem Juni-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Juni gemeldet wurde, gut 9.500 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liegt damit unter dem Wert vom Mai. Verglichen mit Juni 2023 sind die Zahlen der von Großinsolvenzen betroffenen Beschäftigten im Juni 2024 etwa ein Drittel niedriger. In einem durchschnittlichen Juni der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie, waren mit ca. 11 000 betroffenen Jobs etwas mehr Arbeitsplätze gefährdet als im vorigen Monat.

Unklarer Trend

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorausgehen. Diese Werte waren zwischen Januar und April deutlich gesunken. Deshalb hatte Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung, für Mai und Juni sinkende Insolvenzzahlen prognostiziert. Da die Frühindikatoren im Mai erneut angestiegen, aber im Juni wieder gesunken sind, ergibt sich für den weiteren Trend ein unscharfes Bild. „Wir rechnen damit, dass die Insolvenzzahlen im Juli wieder leicht nach oben gehen werden“, sagt Müller. Für die weiteren Monate zeichne sich aber noch kein stabiler Trend ab.

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