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Insolvenzwelle ab Herbst

Die große Insolvenzwelle wird für September und Oktober erwartet und die Konjunktur soll sich nach durchschnittlich 17 Monaten wieder erholen. Die Covid-19-Umfrage des Beratungsunternehmens Falkensteg gibt erste Aufschlüsse darüber, welche Unternehmen vor zahlreichen gravierenden Herausforderungen stehen werden und welche Lösungsansätze die gegenwärtige Situation bereithält. Mitte April wurden dazu 460 Insolvenzverwalter befragt. Überraschend bevorzugen die Experten als Sanierungsansatz eher die Eigenverwaltung (72 Prozent) gegenüber der klassischen Regelinsolvenz (56 Prozent).

Zahl der Insolvenzen steigt

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Tillmann Peeters

„Covid-19 ist anders: direkter, schneller und langfristiger. Dennoch setzt der Staat auf Instrumente, die bereits bei der Finanzkreise 2008 zum Konjunkturprogramm gehörten. Und die Unternehmen reagieren deutlich zurückhaltender als die Krise eigentlich erfordert. Das wird sich in der Restrukturierungsarbeit der nächsten Jahre niederschlagen“, erklärt Studienautor und Falkensteg Geschäftsführer Tillmann Peeters. Im Jahr 2019 haben die deutschen Amtsgerichte 18.749 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Ein Drittel der Umfrageteilnehmer erwartet, dass aufgrund der Pandemie zusätzlich mehr als 20 Prozent der Firmenlenker den Weg zum Insolvenzgericht gehen müssen. Das entspricht mindestens 3.750 Unternehmen. Mehr als jeder fünfte (22 Prozent) geht von einem moderateren Anstieg der Insolvenzanmeldungen von bis zu zehn Prozent aus. 42 Prozent sehen dagegen eine Steigerung der Anmeldungen zwischen zehn und 19 Prozent.

Die meisten Anträge, befürchten 42 Prozent der Insolvenzverwalter, werden in fünf Monaten gestellt. Für den Wellenkamm im Herbst 2020 spricht das Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Die Maßnahme soll Unternehmen schützen, die in Folge der Corona-Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten sind, und die Firmenpleiten eindämmen. 60 Prozent der Insolvenzverwalter sehen darin jedoch nur eine bedingt geeignete Maßnahme zur Krisenbewältigung.
Eine kleine Antragsflut könnte nach Ansicht von 14 Prozent der Befragten schon im Juni 2020 die Amtsgerichte erreichen. Erste Krisenvorläufer waren bereits im März erkennbar. Damals stellten vor allem große Unternehmen, die sich in der Restrukturierung oder im Krisenmodus befanden, einen Insolvenzantrag. Bei Kleinstunternehmen war noch kein besonderer Anstieg zu verzeichnen. Drei Monate später könnten die Firmen hinzukommen, deren Kreditanträge abgelehnt wurden und die nicht mehr in der Lage sein werden, die Löhne zu bezahlen.

Verlierer und Gewinner

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Johannes von Neumann-Cosel

Die Corona-Pandemie hat für viele Wirtschaftszweige verheerende Folgen. Teilweise sind die Schäden noch nicht abzusehen oder treten erst nach dem Shutdown auf. „Unternehmen müssen sich auf eine lange Durststrecke und verändertes Kaufverhalten einstellen. Sie sind jetzt gefordert, ihre Geschäftsmodelle nicht nur anzupassen, sondern neu auszurichten“, so Co-Autor Johannes von Neumann-Cosel, Partner der Unternehmensberatung Falkensteg.

Flugzeuge am Boden, Hotels geschlossen und Einreiseverbote verhindern den nächsten Urlaub – 97 Prozent der Sanierungsexperten setzen die Reiseindustrie deshalb auf den Spitzenplatz der Verlierer. Gefolgt von den Fahrzeugbauern und deren Zulieferindustrie mit 83 Prozent und dem Einzelhandel mit Konsumgütern mit 77 Prozent.

83 Prozent der Studienteilnehmer sind der Meinung, dass der Onlinehandel zu den großen Profiteuren der Coronakrise gehört. Beim Zweitplatzierten mit 75 Prozent, dem Gesundheitswesen, sind die Meinungen geteilt. Einerseits ist der Bedarf an Desinfektionsmitteln, Schutzkleidung oder Hygieneartikeln hoch. Wie stark die Produzenten von der Pandemie profitieren, ist noch unklar. Andererseits ist offen, ob die Refinanzierung für Krankenhäuser reicht, um die Mehrkosten zur Pandemiebekämpfung beispielsweise für zusätzliche und freigehaltene Intensivbetten zu decken. Verbände beklagen, dass nur ein Viertel der Aufwendungen durch den Krankenhaus-Rettungsschirm übernommen werden und Corona das Krankenhaussterben forciere.

Auf Platz drei rangiert in der Gewinnerliste die IT- und Telekommunikationsbranche mit 58 Prozent.

Nicht jedes Mittel hilft

Der Rettungsschirm für Unternehmen ist mit Schnellkrediten, Wirtschaftsstabilisierungsfond, Bundesbürgschaften und Landesprogrammen weit aufgespannt. Dem Motto „viel hilft viel“ wollen die Sanierungsexperten in der Studie jedoch nicht folgen. Sie machen klare Favoriten für die Situation aus. Dazu zählt das Kurzarbeitergeld mit 91 Prozent. Die Nützlichkeit der Kredite der KfW machen die Befragten von der Haftungshöhe der Banken abhängig. Beim KfW-Sonderprogramm 2020 besteht eine Kreditrisiko der kreditgebenden Bank von 10 – 20 Prozent. Viele Antragssteller berichteten von einer restriktiveren Kreditvergabe der Banken aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit durch Covid-19. Nur ein Drittel der Verwalter sehen deshalb in diesem Instrument ein geeignetes Hilfsmittel. Gleich die doppelte Zustimmung (65 Prozent) erhält das später entwickelte Schnellkredit-Programm, in dem die KfW das volle Kreditrisiko trägt und die Bank nur noch die Sicherheitenprüfung übernimmt.

Fast drei Viertel (74 Prozent) der Sanierungsexperten sprechen sich für einen direkten und nicht zurückzahlbaren Zuschuss des Staates an die Unternehmen aus.
Eher skeptisch stehen die Sanierungsexperten einer Fremdfinanzierung außerhalb der staatlichen Förderungen (14 Prozent) oder einer Beteiligung des Staates an einem Unternehmen (33 Prozent) gegenüber.

Eigenverwaltung vor Regelinsolvenz

Die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren gehören inzwischen zu den Standardtools im Sanierungsbaukasten. Jedes dritte Verfahren unter den 179 Unternehmensinsolvenzen (ab 10 Mio. Euro Umsatz) wurde im vergangenen Jahr in Eigenregie durchgeführt, so der Insolvenzreport, den Falkensteg mit dem Finance Magazin vierteljährlich herausgibt (Report 04/2019). In der Pandemiezeit könnten die Schutzschirmverfahren deutlich ansteigen, wenn Unternehmen eine Weiterfinanzierung versagt bleibt, aber Sanierungsoptionen vorhanden sind. Die Insolvenzverwalter geben mit 64 Prozent (Schutzschirmverfahren) und 72 Prozent (vorl. Eigenverwaltung) den beiden Sanierungsinstrumenten sogar bessere Zustimmungswerte als einer klassischen Regelinsolvenz (56 Prozent).

Wesentliches Instrument zur Liquiditätsgenerierung ist das Insolvenzgeld. Es kommt von der Bundesanstalt für Arbeit, die die ausstehenden Gehälter von bis zu drei Monaten vor Insolvenzeröffnung oder der Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse übernimmt. Obwohl der Insolvenzgeldeffekt derzeit bei den Firmen weitestgehend verpufft, die aufgrund von geschlossenen Geschäften oder Produktionsstopp keinen Umsatz generieren können, sehen 86 Prozent der Verwalter auch während des Shutdowns das Insolvenzgeld als wichtiges Instrument.

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