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Insolvenzen: Von Paukenschlag bis Epochenwandel

Wie entwickelt sich die Zahl der Insolvenzen? Welche Auswirkungen haben die neuen Sanierungsmöglichkeiten? Das Thema Insolvenzen nahm auf dem 18. Bundeskongress des BvCM breiten Raum ein. Ein Rückblick.

„Alle Experten haben eine deutliche Zunahme der Insolvenzzahlen prognostiziert“, erklärte Professor Dr. Volker Römermann, Vorstand der Römermann Rechtsanwälte Aktiengesellschaft, in seinem Einstiegsvortrag zum Thema. Vor allem, nachdem die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in diesem Frühjahr offiziell beendet wurde, sei ein wahrer Insolvenztsunami zu erwarten gewesen. Doch eingetreten sei er nicht. Stattdessen würden durch die staatlichen Hilfen weiterhin Zombie-Unternehmen gezüchtet.

Unternehmen in Schieflage müssten künftig aber nicht mehr zwangsläufig in die Insolvenz gehen. Dafür habe der Gesetzgeber mit dem neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, StaRUG, gesorgt. Römermann bezeichnete die Verabschiedung des Gesetzes als „Epochenwandel“. Warum? „Ein Unternehmen ist nicht am Montag gesund und Dienstag insolvent. Eine Insolvenz bedeutet den Schlusspunkt nach einem längeren Siechtum des Unternehmens. Das neue Sanierungsgesetz bietet die Möglichkeit, schon frühzeitig einzugreifen. Wenn ein Mensch krank ist, lässt er sich auch zwischendurch vom Arzt behandeln. Es wartet ja auch niemand, bis er kurz vor dem Tod eine Totaloperation macht, sondern ‚saniert‘ sich auch deutlich früher.“ Mit anderen Worten: Unternehmen können jetzt wesentlich leichter außerhalb eines Insolvenzverfahrens saniert werden.

Anfechtungssicher

Nach seinem Vortrag übernahm Römermann nahtlos die Moderation der anschließenden Diskussionsrunde. RA Matthias Marzluf, Arbeitskreis Insolvenzpraxis des BvCM, erinnert die neue Möglichkeit der Moderation eines Sanierungsverfahrens an den früheren „Round Table“ der IHK. Dieses Instrument habe sehr gut funktioniert, hatte aber wegen der zunehmenden Anfechtung durch Insolvenzverwalter keine Wirkung mehr. Das sei jetzt anders: Jeder ernstgemeinte Sanierungsversuch sei anfechtungssicher. „Und er bewegt sich doch“: Unter diese Überschrift setzte RA Michael Schmidt, ebenfalls Arbeitskreis Insolvenzpraxis des BvCM, sein Einstiegsstatement. Gemeint ist der BGH, der durch ein Urteil im Mai eine bahnbrechende Entscheidung gegen eine Anfechtung gefällt habe. „Das war ein Paukenschlag.“ Insgesamt sind die Anforderungen an die Anfechtung gemäß Paragraph 133 der Insolvenzordnung deutlich höher geworden.

Fachliche Beratung

„Bei der Anfechtungsthematik konnte einem als Gläubiger angst und bange werden“, berichtete Yvonne Dropp CCC, Leiterin Forderungsmanagement Dachdecker-Einkauf Ost eG, aus ihrer Praxis. Als einzige Lösung habe es nur das Mittel Vorkasse gegeben, doch als Genossenschaft mit dem Auftrag, die Mitglieder zu unterstützen, war das schwierig umzusetzen. „Und wenn eine Anfechtung kommt, sollte man das auch nicht selbst übernehmen. Wir hatten vor einigen Jahren eine Anfechtung in Höhe von 500.000 Euro. Mithilfe eines Fachanwalts konnte die Summe auf 80.000 Euro reduziert werden.“

Durch das neue Gesetz seien auch Lösungen wie Ratenzahlungen wieder wesentlich sicherer geworden, da keine Anfechtung mehr zu befürchten sei. „Wir nehmen unsere Kunden gerne an die Hand. Wir haben tolle Handwerker als Kunden, die aber nicht immer buchhalterisch fit sind. Die begleiten wir in Krisen gerne bei der Neuordnung. Wenn auch noch Gewährleistungsansprüche gelten, setzen wir einen Sanierungsprofi ein“, so Yvonne Dropp.

Kooperation mit dem Vertrieb

Bei allem, so die Leiterin Forderungsmanagement, sei die Zusammenarbeit mit dem Vertrieb sehr wichtig. „Von den Kollegen bekommen wir wichtige Hinweise, wenn sie zum Beispiel mit Mitarbeitern ihrer Kunden gesprochen haben. Wir geben dem Vertrieb natürlich auch Informationen über eine positive Bonität weiter, damit die Kollegen Zusatzgeschäft generieren können.“ „Kommunikation ist in der Tat das A und O“, bestätigte Volker Römermann.
Ein weiterer Vorteil der neuen Regelungen ist der Kostenfaktor. „Der Aufwand für eine Restrukturierung lässt sich nach Stunden abrechnen. Eine Insolvenz wäre wesentlich teurer“, so Matthias Marzluf. „Ich freue mich jedenfalls, dass wir Kunden helfen können, ohne das Damoklesschwert der Anfechtung über uns schweben zu haben.“ „Für Lieferanten ist es tatsächlich leichter geworden“, ergänzte Michael Schmidt. Und ein abschließender Wunsch von Yvonne Dropp? „Möglichst wenig Insolvenzen und keine Insolvenzverwalter, die anfechten.“

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