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Erkenntnisse über Krisenszenarien nutzen

Die Coronakrise stellt die gesamte Weltwirtschaft auf den Kopf. Wie lässt sich in der übersichtlichen Situation das eigene Unternehmen sichern? Welcher Härtegrad der Maßnahmen ist jetzt erforderlich, um die Firma gegen die Folgen der Corona-Pandemie in den nächsten zwei bis drei Jahren zu sichern? Ein Fachbeitrag von Werner Gleißner, Frank Romeike und Marco Wolfrum.

Die aktuelle Corona-Pandemie-Krise bedroht möglicherweise in einem „Worst-Case-Szenario“ das Leben vieler Menschen auf der Erde und ist darüber hinaus primär in die Extremrisiko- bzw. Krisenkategorie der „Versorgungskrisen“ einzuordnen. Der Ausfall möglicherweise erkrankter Menschen (Quarantäne) sowie die politischen Gegenmaßnahmen, ein weitgehender „Shutdown“ der Wirtschaft, führen zu einem Zusammenbruch vieler Lieferketten und massiven Produktionsausfällen (wegen staatlich erzwungener Produktionseinstellung zur Erhöhung der „sozialen Distanz“ oder den Verlust von erforderlichen Zulieferprodukten).

Es ist verständlich, dass sich die Unternehmen nun zunächst mit den „akuten Maßnahmen“ zur Krisenbewältigung befassen, also beispielsweise mit der Organisation der Betriebsabläufe mit Mitarbeitern, die weitgehend vom Homeoffice aus arbeiten, der Beantragung vorgesehener staatlicher Fördermittel und anderen Maßnahmen der Liquiditätssicherung (von Kurzarbeit bis zur Freisetzung nicht betriebsnotwendiger Mittel). Nach den ersten Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise, wie den Schutz der Mitarbeiter und die kurzfristige Liquiditätssicherung, sollte man schon jetzt konkrete Maßnahmen vorbereiten, um das eigene Unternehmen auch über die zu befürchtende Dauer der ökonomischen Krise von zwei bis drei Jahren abzusichern. Die Zukunftsszenarien sind natürlich davon abhängig, wie sich die Pandemie und die staatlichen Maßnahmen gegen diese, weiterentwickeln werden – und wann ein Impfstoff (oder andere geeignete Medikamente zur Behandlung) zur Verfügung steht. Diese Unsicherheiten sollten und können in der Krisenstrategie jedes Unternehmens berücksichtigt werden.

Erkenntnisse nutzen

In einem ersten Schritt gilt es, die schon länger existierenden Erkenntnisse der Risikoforschung zu Krisenverläufen zu nutzen und mögliche Krisenszenarien zu analysieren und interdisziplinär zu diskutieren. Hierbei können ausgehend von der akuten medizinischen Krise zunächst die schon bestehenden und vor allem die künftig möglichen ökonomischen Implikationen thematisiert werden. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass infolge des noch rechtzeitig bereitgestellten „finanziellen Schutzschirms“ des Staates für Unternehmen die nächsten Wochen möglicherweise gar nicht alleine die kritischen sein werden (man denke an die wohl unbürokratische Bereitstellung von Krediten und Zuschüssen, speziell durch die KfW, die verbesserten Kurzarbeitsregelungen etc.). Kritisch sind insbesondere die Zeitpunkte, wenn

1. nach dem partiellen „Shutdown“ die Unternehmen wieder hochfahren, und damit zusätzlich Liquidität im Working Capital gebunden wird, und
2. die staatlichen Schutzmaßnahmen wieder „heruntergefahren“ werden, was zu einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen führen wird.

Diese beiden „Klippen“ sind bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu berücksichtigen, um präventiv geeignete Vorbereitungen treffen zu können. Darüber hinaus sollte schon jetzt beachtet werden, dass die Coronakrise mit hoher Wahrscheinlichkeit ökonomische Folgekrisen nach sich ziehen wird, wie etwa eine Staatsschuldenkrise in Europa.

Entwicklungen erkennen

In einem zweiten Schritt ist es notwendig abzuschätzen, wie sich die unsicheren Auswirkungen der Krise auf Nachfrage, Zins, Inflation und den Ausfall wichtiger Kunden und Lieferanten auf die integrierte Unternehmensplanung (GuV, Bilanz und Cashflow) auswirken – unter Berücksichtigung der in der Krise bereits erkennbaren Auswirkungen und der geplanten bzw. schon initiierten Bewältigungsmaßnahmen (z.B. Kurzarbeit). Hierzu sind diese unsicheren Auswirkungen zunächst zu quantifizieren, und zwar zusammen mit den weiteren „typischen“ Unternehmensrisiken. Aus der Analyse der unsicheren Krisenverläufe und ihrer Implikationen für das eigene Unternehmen wird erkennbar, wie sich der Grad der Bestandsgefährdung (das Insolvenzrisiko bzw. Rating) und der risikoabhängige Liquiditätsbedarf verändern. Mit der für diese Berechnung durchgeführten Risikoaggregation (basierend auf einer stochastischen Szenarioanalyse) werden Kombinationseffekte von Risiken ausgewertet, um die zentrale gesetzliche Anforderung an ein Risikomanagementsystem (auch abgeleitet aus § 91 AktG) zu erfüllen, demzufolge mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ früh aufzuzeigen sind.

Dies ist die Grundlage, um

1. Handlungsbedarf zu konkretisieren, sowie Ansatzpunkte und die notwendige Dimensionierung von erforderlichen Maßnahmen abzuleiten.
2. ein aus den Überlegungen abgeleitetes „Maßnahmen-Paket der nachhaltigen Existenzsicherung“ in seiner Wirksamkeit zu beurteilen.

Ausgehend von einer strukturierten Diskussion möglicher Krisenbewältigungsmaßnahmen und der Risikoaggregation kann bestimmt werden, welcher „Härtegrad“ von Maßnahmen erforderlich ist, um beispielsweise das Überleben des Unternehmens in den nächsten drei Jahren mit einer hohen Sicherheit, z.B. einem Sicherheitsniveau von 99 Prozent, zu gewährleisten. Das Sicherheitsniveau ist unternehmensindividuell und abhängig vom „Risikoappetit“ zu definieren. Abbildung 01 stellt die verschiedenen Schritte im Überblick dar.

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Abb. 01: Die Schritte einer stochastischen Szenariosimulation

Da viele der den Szenarien zugrunde liegenden Parameter mit einem hohen Grad an Unsicherheit behaftet sind, arbeitet man hier mit methodischen Ansätzen, die „seriös“ mit Unsicherheit umgehen. So sind vor allem stochastische Aussagen – in Form eines potenziellen Szenarioverlaufs über „Worst Case”, „Realistic Case” und „Best Case“ – kein Zeichen der Schwäche, sondern eine Stärke wissenschaftlicher und auch praktischer Erkenntnis.

Wesentlich ist es, aus der Analyse selbst konkrete Handlungsbedarfe und Handlungsmöglichkeiten abzuleiten und diese schon jetzt zu priorisieren. Zu wissen, wie restriktiv ein Unternehmen nämlich beispielsweise jetzt auf die aktuelle erste Phase der Krise reagieren muss. Dies ist heute wichtig. Fehler sind in einem Jahr kaum mehr korrigierbar. Hierbei muss das Ziel verfolgt werden, konkrete Maßnahmen abzuleiten und das Unternehmen in Anbetracht der aktuellen und hohen Risikoexponierung möglichst robust aufzustellen.

Als Ergebnis einer solchen Analyse erhält man beispielsweise den in Tabelle 01 skizzierten Output.

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Tab. 02: Potenzielle Ergebnisse der Szenariosimulation

Man erkennt, dass durch ein „weiches“ Maßnahmenpaket eine Liquiditätsunterdeckung besteht. Bei den beiden härteren Maßnahmenpaketen ist dies nicht der Fall. Es reicht hier also bereits der mittlere Härtegrad an Maßnahmen, um einen zusätzlichen Liquiditätsbedarf zu vermeiden. Auch das Rating (Insolvenzwahrscheinlichkeit) ist mit vier Prozent in einem akzeptablen Bereich. Noch härtere Maßnahmen, wie z.B. Notverkäufe oder Entlassungen von F&E-Mitarbeitern sind damit nicht notwendig. Der grafische Verlauf der freien Liquidität von Basisplanung und dem mittleren Maßnahmenpaket ist in Abbildung 02 zusammengefasst.

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Abb. 02: Grafischer Verlauf der freien Liquidität

Diese beispielhaften Ergebnisse wurden mit der Simulationssoftware „Strategie Navigator“ generiert, mit der solche standardisierten Auswertungen leicht erzeugt werden können. Auch alternative Werkzeuge ermöglichen eine schnelle Analyse potenzieller Szenarien sowie auch die Simulation unterschiedlicher unternehmerischer Maßnahmen mit deren Wirkung auf die Cashflows oder das Betriebsergebnis in den nächsten Jahren.

Fazit und Ausblick

Wichtig ist dabei, dass die in einer solchen Krise besonders knappe Zeit der Unternehmensführung geschont wird. Die notwendigen Analysen und Ableitungen von Vorschlägen erfolgen weitgehend im spezialisierten Backoffice und die Abstimmung mit der Unternehmensführung bleibt auf wenige Gespräche beschränkt.

Der Nutzen ist offensichtlich:

  • Aus der Analyse der unsicheren Krisenverläufe und ihrer Implikationen für das eigene Unternehmen wird erkennbar, wie sich der Grad der Bestandsgefährdung (das Insolvenzrisiko bzw. Rating) und der risikoabhängige Liquiditätsbedarf verändern.
  • Mit der für diese Berechnung durchgeführten Risikoaggregation (basierend auf einer stochastischen Szenariosimulation) werden Kombinationseffekte von Risiken ausgewertet, um die zentrale gesetzliche Anforderung an ein Risikomanagementsystem zu erfüllen, demzufolge mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ früh aufzuzeigen sind.
  • Ausgehend von einer strukturierten Diskussion möglicher Krisenbewältigungsmaßnahmen und der Risikoaggregation kann bestimmt werden, welcher „Härtegrad“ von Maßnahmen erforderlich ist, um beispielsweise das Überleben des Unternehmens in den nächsten drei Jahren mit einer definierten Sicherheit zu gewährleisten.
  • Aus der Analyse werden damit klar priorisierte, und für die Krisenbewältigung notwendige Maßnahmen, beispielsweise für Kosten- und Liquiditätsmanagement abgeleitet, die adäquat priorisiert umzusetzen sind.
  • Durch eine (optionale) flankierende Analyse wird aufgezeigt, bei welchen Kunden oder Lieferanten in krisenbedingten Stressszenarien Insolvenzen möglich sind – und wie man sich mit diesen möglichen Insolvenzen präventiv auseinandersetzen sollte.

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